Die Natur im Winter- Ein Pausenbrot für die Stockente bitte!?

// Wintersummen

Das machen wir schon immer so….

Wahrscheinlich kann sich jeder von uns noch allzu gut daran erinnern, wie man selber als Kind mit Begeisterung Enten gefüttert hat. Die Eltern haben es vorgemacht. Man tut den Tieren was Gutes, die ja gerade bekanntermaßen im Winter an Hunger leiden, das alte Brot wird nicht weggeworfen sondern erfüllt noch einen guten Zweck und es ist einfach nur zu drollig den balgenden Entchen zuzuschauen. Achja, und der langweilige Sonntagsspaziergang hatte aus Kindersicht endlich einen Sinn. Natürlich gibt man diese Erfahrung nur allzu gerne an die eigenen Kinder und Enkelkinder weiter. Und auch als Erwachsener ist „Entenfüttern“ doch immer wieder eine schöne Naturerfahrung.

Tja…und nun wird diese beliebte, generationsübergreifende Tradition in manchen Städten und Gemeinden komplett verboten und sogar mit Bußgeldern belegt. In Potsdam  kann es z. B. bis zu 1.000 Euro kosten, wenn Enten gefüttert werden. In Berlin ist es in etlichen Grünanlagen grundsätzlich verboten Wasservögel zu füttern (§ 7 Grünanlagengesetz). 1000 Euro dafür, dass man einem hungernden Tier eine Freude bereitet, wie der Mensch es bereits seit Jahrzehnten, ach vielleicht sogar Jahrhunderten macht? Das scheint mehr als abstrus …

Die Ente mit dem Hundeblick

Natürlich „freuen“ sich Enten und andere Wasservögel, wenn der  „Brötchengeber“ (hier im wahrsten Sinne des Wortes) mit der raschelnden Tüte auftaucht. Manch Ente scheint sich auch einen regelrechten  Hundeblick angewöhnt zu haben - mein persönlicher Eindruck. Das »Betteln« von Enten in Städten ist eine anerzogene Verhaltensweise durch intensive Fütterung. Die Tiere wissen einfach aus Gewohnheit, dass es jetzt etwas zu fressen gibt und dass es bequemer ist, als sich selber etwas zu suchen. In der Regel finden unsere heimischen Wasservögel genug zu fressen -  auch im Winter . Eine gezielte Zufütterung, wie z.B. bei Singvögeln, ist in den allermeisten Fällen unnötig und sogar schädlich.

Wenn das Brot das Gewässer „auffrisst“
Bild: Umwelt- und Naturschutzamt Mitte

Ein reichliches und falschen Zufüttern hat verschiedene negative Auswirkungen:

Die Tiere gewöhnen sich an die Futterstellen. Hierher kommen sie nicht nur im Winter, sondern auch zu anderen Jahreszeiten. Verdreckte und verkotete Badewiesen sind eine Folge davon, die aber nur uns Menschen ärgern und noch den geringsten Schaden darstellen.

Brot ist mit Abstand immer noch das beliebteste Mittel zur Fütterung. Wahrscheinlich, weil (altes Brot) fast immer verfügbar ist. Es ist für Wasservögel aber auch gleichzeitig absolut schädlich, da es für sie eine unnatürliche Nahrung ist. Brot enthält für Vögel zu viel Salz und Zucker - und  quillt im Magen auf. Das kann je nach gefressener Menge für die Tiere tödlich enden oder zumindest längerfristig zu Verfettung führen. Brot wirkt auf Enten also ein bisschen wie Fastfood auf uns Menschen. Zudem enthalten alte Brotreste oft Schimmel - und der ist für die Vögel genauso giftig wie für Menschen.

 

Da es viele Menschen gut meinen, werden die Wasservögel reichlich bedacht. Die Folge dieser Großzügigkeit ist, dass Enten nicht das gesamte Futter fressen, das ihnen zugeworfen wird. Eine Ente frisst aus dem natürlichen Instinkt heraus nur soviel, wie für sie möglich ist (wer weiß, wann es das nächste Mal was gibt). Übriggebliebenes Brot –weicht sehr schnell auf, sinkt auf den Gewässerboden und verfault dort. Die biologischen und chemischen Prozesse dieses Abbaus verbrauchen große Mengen Sauerstoff, der Fischen und anderen Wassertieren fehlt. So wird bei der Zersetzung von 1,5 kg Brot der Sauerstoff aus bis zu 100 m³ Wasser verbraucht. Das kann dazu führen, dass Algen stark wachsen, das Gewässer "umkippt" und damit weitere Tier- und Pflanzenarten sterben. Ohne aufwendiges Eingreifen des Menschen z.B. durch eine Gewässerentschlammung, ist das Gewässer in einigen Jahren nur noch ein Sumpfloch und damit auch kein Lebensraum für Wasservögel mehr. Die Abbildung aus dem Umwelt- und Naturschutzamt Berlin-Mitte verdeutlicht diesen Prozess sehr gut. Das Brot hat also das Gewässer regelrecht aufgefressen.

Gewässerbereiche mit nährstoffreichem Schlamm führen darüber hinaus zu einer erhöhten Entwicklung sogenannter Botulismus-Bakterien (Clostridium botulinum), die bei Abwesenheit von Sauerstoff ein starkes, auch für den Menschen tödliches Gift produzieren. Es kann bei Enten und anderen Tieren zu Lähmungen der Bewegungsmuskulatur führen, was im schlimmsten Fall zum Ertrinken führt, da die Ente am Ende nicht mehr in der Lage ist, ihren Kopf über dem Wasser zu halten

Durch regelmäßiges Füttern werden die Wasservögel, so wie andere Wildtieren auch, zutraulich und verlieren ihre natürliche Scheu. Dadurch können sie leicht Opfer von Hunden werden oder von Autos erfasst werden.

Könnte man diese Umstände den Enten erklären, würden sie sich mit Sicherheit  nicht mehr so über Brot und andere Lebensmittel „freuen“.

Salat statt Fastfood

Natürlich gibt es neben dem Entenfüttern viele andere schöne Ideen, für sich selbst aber auch insbesondere für Kinder, die Natur zu entdecken. Wasservögel in verschiedenen Situationen und Jahreszeiten zu beobachten ist immer spannend, und kann auch für Kinder durch Eltern besonders spannend gemacht werden. Auch Wildgehege oder selbst organisierte „Entdeckungs-Ralleys“ bieten gute Möglichkeiten.

Wer auf  das Füttern von Wasservögeln dennoch nicht ganz verzichten möchte und wo dies nicht verboten ist,  der sollte das selten, verantwortungsvoll und durchdacht tun:

  1. Bitte füttern Sie immer nur kleine Portionen nacheinander, so dass möglichst wenig Reste liegen bleiben. Damit die Gewässer sauber bleiben, sollte zudem ausschließlich an Land und gefüttert werden.
  2. Statt Brot eigenen sich spezielle Wasservogelfuttermittel und nahezu jedes Obst und Gemüse. Das sollte natürlich in schnabelgerechte Stücke geschnitten werden. Sicher auch eine schöne Eltern-Kind Beschäftigung als Vorbereitung…

Sonja Dölfel vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) bemerkt dazu:

"Besonders beliebt sind wohl Salat oder Salatstrünke; gekochte Kartoffeln schmecken ihnen auch. Auch klein geschnittene Trauben, Bananen, Tomaten sind als Futter geeignet."

In diesem Sinne wünsche ich allen Vogelfreunden sowie ihren Kindern und Enkeln, noch viele schöne und spannende Momente an den heimischen Gewässern. Übrigens: In Ahrensfelde gibt es keine Verordnung, die das Füttern von Enten verbietet -  wir vertrauen hier ganz auf Ihre Vernunft.

Quellen

NABU-Berlin

Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV)

Umwelt- und Naturschutzamt, Fachbereich Naturschutz Bezirksamt Treptow-Köpenick

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